Aus der Geschichte der Kapellenkirche

Aus der Geschichte der Kapellenkirche

Die Kapellenkirche ist eines der bedeutendsten Rottweiler Bauwerke.
Vermuten kann man, dass sie auf eine Quellkultstätte zurückgeht, an der schon vor der mittelalterlichen Gründung Rottweils eine Marienkapelle entstand.
Die Urkunden nennen "unser frawen capelle" erstmals im Jahre 1313.
Das bescheidene Kirchlein dieser Zeit war wohl mit einem kleinen Friedhof verbunden und verfügte über einen Heilbrunnen für Augenkrankheiten.

Was den Neubau der gesamten Anlage - Kirche und Turm - noch vor 1330 ausgelöst hat, lässt sich kaum mehr feststellen.
1364 wurde jedenfalls nach großzügigen Stiftungen aus der Bürgerschaft der Altar im Chor eingeweiht.
1478/83 wurde der Chor erneuert und mit spätgotischen Maßwerkfenstern versehen.
Die damalige Kirche erhielt im übrigen einen hochragenden Lettner, ein Sakramentshaus und nicht weniger als 9 Altäre.
Die Höhe des spätgotischen Kirchenschiffes lässt sich noch heute an der Ostwand des Kapellenturmes ablesen.


Das Innere der Kapellenkirche

Das Innere der Kapellenkirche erhielt sein heutiges Gepräge nach dem Einsturz des Deckengewölbes im Jahre 1727.
Mit der Instandsetzung erfolgte der Umbau des Chores und die Erweiterung des Langhauses über die Turmbreite hinaus im Barockstil.
Die Baumaßnahmen wurden von den Rottweiler Jesuiten geleitet, deren Kollegiumskirche die Kapellenkirche war.

Bei einer ersten Renovation - wohl noch vor 1800 - wurden u.a. die Säulen marmoriert und der heutige Boden eingelegt.

Die letzte größere Renovation der Jahre 1926/30 stellte weitgehend den ursprünglichen barocken Zustand wieder her.
Die Langhausdecke zeigt, mit welcher Kühnheit, religiöser Innerlichkeit und Kompositionsgabe der Jesuitenbruder Joseph Firtmair die Kirche ausgemalt hat.
1727 kam er - mit 25 Jahren - nach Rottweil und malte in sechsjähriger Arbeit allein die Kirche aus.
Alle Altar-, Wand- und Deckengemälde stammen von ihm.
Die drei Joche des Mittelschiffes stellen ein jubelndes Magnifikat dar:
Zwischen der Vermählung Mariens und der Darstellung im Tempel ist die Verkündigung Mariens gemalt, die den ganzen Himmel in Bewegung setzt.
In den Zwickeln der Stichkappen sind die vier Evangelisten und zwischen den Hauptfresken zwölf Allegorien als Sinnbilder marianischer Tugenden dargestellt.
Das Brautrelief dürfte die bekannteste Plastik unter den Figuren am Kapellenturm sein.
Die Aussage des Kunstwerkes wird vom Gedankengut der Mystik der damaligen Zeit (Seuse, Tauler) getragen.
Der Künstler zeigt - für jeden Zeitgenossen verständlich - Christus als Ritter, der seiner Braut, der christlichen Seele, den Ring an den Finger steckt.

In einer Predigt in deutscher Sprache aus der Entstehungszeit ist mit erstaunlicher Genauigkeit diese Szene beschrieben.
Thematisch geht das Brautrelief wohl auf das Matthäusevangelium zurück:
Der Bräutigam in der Parabel von den 10 Jungfrauen (Mt 25, 1-13), der unerwartet zur Hochzeit kommt, um seine Braut heimzuführen, wird als der am Ende der Welt wiederkommende Herr gedeutet.

Kirchenführer "Kapellenturm und Kapellenkirche" sind im Konvikt (gleich neben der Kirche, Johannsergasse 1 ) oder am Schriftenstand erhältlich!

Wir hatten ruhige und besinnliche Minuten in der Kapellenkirche.